München, 26.04.2023 – Die verbandsinterne Online-Veranstaltungsreihe zur SGB VIII Reform ging heute in eine neue Runde – diesmal mit einem hochinteressanten Workshop mit dem Titel „Die Kinder- und Jugendhilfe inklusiv“.
Inklusion stellt eine der größten Herausforderungen dar, die mit der SGB VIII Reform einhergehen, doch was bedeutet dies in letzter Konsequenz? Denn so wichtig und richtig es auch ist, jungen Menschen und ihren Familien alle Rechte und Chancen zukommen zu lassen, so schwierig gestaltet es sich, die Vorstellungen der Politik und Fachwelt, die Bedarfe der Betroffenen, sowie Kompatibilitätsprobleme der bestehenden Helfersysteme miteinander in Einklang zu bringen.
Daniel Kieslinger, stellvertretender Geschäftsführer und Projektleiter beim BVkE, gab in seinem Vortrag einen umfassenden Einblick über die Entwicklung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe. In diesem Zusammenhang stellte er auch die ersten Erfahrungen aus den 3 Projekten zur „Qualifizierung und Unterstützung der Tätigkeit der Verfahrenslots:innen“ vor , die von BVkE, EREV und IReSA gemeinsam durchgeführt wurden. Des Weiteren bildete Kiesling den aktuellen Stand der KJSG-Umsetzung ab und ging auf die Zielsetzungen bzw. nächsten Schritte der Reform ein – mit einem Augenmerk auf mögliche Konsequenzen für die Kinder- und Jugendhilfe.
Hierbei betonte er die fundamentale Wichtigkeit der Entwicklung einer inklusiven Kultur und damit verbundener Strukturen und Praktiken. Ein wesentlicher Bestandteil hiervon sei u.a. die Etablierung entsprechender individueller und institutioneller Haltungen.
Auch mit Blick auf die Trägerlandschaft ist von Veränderungen auszugehen, denn es wird sicherlich eine Diversifikation der Anbieter geben, die zwar neue Kooperationsmöglichkeiten schafft, aber auch zu stärkerem Wettbewerb untereinander führen kann. Um dies zu bewerkstelligen, werden erhöhte zeitliche und finanzielle Mittel notwendig.
Daniel Kieslinger appellierte daher an die Beteiligten, sich im Rahmen von kommunalen Strukturen, Projekten und Verantwortungsgemeinschaften noch stärker als bisher zu vernetzen und in den Dialog zu gehen.
Ein großes Thema an diesem Nachmittag war der Auf- und Ausbau der sogenannten Verfahrenslots:innen, die den Transformationsprozess einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe entscheidend mitprägen sollen und die aktuell in mehreren Modellprojekten etabliert werden. Denn auch hier müssen sichtbar gewordene Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden: So gibt es aktuell noch u.a. Unsicherheiten bzgl. des Anforderungsprofils, der Eingruppierung und der zu bewältigenden Fallzahlen, sowie hinsichtlich der Abgrenzung zu den Allgemeinen Sozialen Diensten und weiteren Beratungsangeboten.
In der darauffolgenden Diskussion im Plenum wurde dieser Punkt aufgegriffen, es kam die Frage auf, wie viele unterschiedliche Beratungsangebote nun eigentlich notwendig und sinnvoll seien. Und wie könne man diese, für Fachwelt und Laien verständlich bzw. transparent, abbilden?
Weitere Gesprächsthemen waren die Bedeutung eines offenen Leistungskatalogs und einheitlichen Leistungsbestands. Auch die mögliche Umsetzung einer damit verbundenen inklusiven Praxis wurde angesprochen.
LVkE-Geschäftsführerin Petra Rummel nahm diese losen Enden auf und betonte die Wichtigkeit und Sinnhaftigkeit der anstehenden Reformen. Dennoch sollte man sich, trotz einer eng getakteten Zeitschiene, Raum nehmen für den Dialog und mit Bedacht Schritt für Schritt gehen. Rummel erinnerte in diesem Kontext an den gelungenen Dialogprozess „Mitreden-Mitgestalten“, durch welchen die Fachwelt eng in den Reformprozess eingebunden wurde und verwies zuletzt auf die Geschichte von „Beppo Straßenkehrer“ aus Michael Endes „Momo“: „Man darf nie die ganze Straße auf einmal kehren, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. (…) Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat.“